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Mieterportrait: Believe Martial Arts in den Gebauer Höfen

Der deutsche Shaolin-Lehrer 

Als Kind oder im jugendlichen Alter schikaniert, aber dann reift jemand über mehr oder weniger große Umwege zu einer echten Persönlichkeit, die gute Taten vollbringt und ein glückliches Leben führt – so oder so ähnlich lassen sich viele Charakterentwicklungen in Hollywood-Filmen zusammenfassen. Beispiele finden sich quer durch die Jahrzehnte von „Zurück in die Zukunft“ aus den 1980ern über „Harry Potter“ aus den 2000ern bis „Encanto“ aus den 2020ern. Und es gibt solche Charakterentwicklungen auch im realen Leben: André Mewis wird als Kind nach einem Umzug und Grundschulwechsel im damals geteilten West-Berlin ab dem ersten Tag gemobbt und körperlich angegriffen: Auf dem Gehweg nach Hause wird ihm aufgelauert. Nicht, weil er etwas falsch gemacht hat, sondern einfach nur, weil er „der Neue“ ist.

Das Gesetz der Straße 

Die Folgen sind dramatisch: „Die Straßen waren nicht sicher damals, also musste ich mich anpassen und habe die Straße dann Stück für Stück in mich reingelassen“, sagt André Mewis. Nicht selten bringt ihn bald die Polizei nach Hause zu seiner verzweifelten Mutter. Sie denkt ernsthaft darüber nach, ihren total aus der Bahn geworfenen Sohn in ein Heim zu geben. Ein letzter Versuch ist ein weiterer Umzug in eine ruhigere Gegend. Sie wählt den Süden Berlins mit seinen Feldern nahe der damals noch existierenden Mauer. André Mewis ist mittlerweile 14 Jahre alt und weiterhin ein Problemkind.

West-Berlin ist nicht mehr gut genug 

Dort möchte sich die Nachbarstochter zu einem Selbstverteidigungskurs anmelden. „Ich habe meine Mutter angebettelt, dass ich das auch darf.“ Es handelt sich um eine Kung-Fu-Schule. Mewis lernt dort Respekt, Disziplin, Kontrolle und Konzentration. Und er ändert sein Leben: „Ich setzte mich in der Oberschule damals in die erste Reihe und war aufmerksam wie nie zuvor, weil ich dann am Nachmittag mit den Hausaufgaben schneller fertig war und mehr Zeit fürs Training hatte.“ Die Straße ist für ihn endlich kein Thema mehr, nur noch der Sport. Der ist in West-Berlin aber irgendwann nicht mehr gut genug. „Der Bundestrainer war in Aachen, also musste ich da hin.“

In den Ursprungsländern 

Bald ist ganz Europa nicht mehr gut genug, er geht nach Südostasien: Singapur, Malaysia, Indonesien, China, Japan. „Ich wollte mich in den Kampfkünsten da verbessern, wo sie herkommen.“ Mit Erfolg: Im Jahr 1992 wird André Mewis tatsächlich Weltmeister in einer Kung Fu-Kampfrichtung, die sich Pencak Silat nennt. Später (1997) auch noch im Karate sowie Schwergewichtsweltmeister im Kickboxen (2007). Schon im Jahr 1990 wird er Kampfsportlehrer, während er parallel noch aktiv weiterkämpft. Zwischendurch bestreitet er – beflügelt vom Boxboom durch Henry Maske Mitte der 1990er – auch 15 Profiboxkämpfe. Insgesamt kommt André Mewis auf 150 Kämpfe in sieben Disziplinen.

Der Nicht-Mönch im Tempel 

Nach einem dieser Kämpfe in China erhält Mewis die Erlaubnis, in Deutschland in einem Shaolin-Tempel zu unterrichten. Als einziger Deutscher und als einziger Nicht-Mönch. Und so beginnt er als angestellter Shaolin-Lehrer in einem Tempel, der sich in der Franklinstraße in Berlin-Charlottenburg auf einem herrlich gelegenen Spreegrundstück befindet. Auf dem Nachbargrundstück, ebenfalls an der Spree, ist das Lager des Tempels – dieses wird, als der Tempel schließlich vor rund 

20 Jahren in die Insolvenz geht, André Mewis als Raum für eine eigene Sportschule angeboten. Mewis schlägt zu. Sein Vater hilft ihm, die Wände in dem historischen Klinkeraltbau gelb zu streichen.

Etwas bewirken 

Dann stirbt der Vater, mit nur 63 Jahren. „Damit rechnet niemand, dass der eigene Vater mal stirbt. Andere Väter schon, aber der eigene doch nicht. Gerade meiner, der so stark war, der drei Meter groß werden konnte, obwohl er kleiner war als ich heute. Als es den auf einmal nicht mehr gab, habe ich mir erstmals richtig viele Gedanken über den Sinn des Lebens gemacht. Wo will ich hin? Was kann ich mit dem, was ich gelernt habe, Positives bewirken?“

Erfahrungen ersparen 

Ein Ergebnis war: „Ich will Kindern helfen, nicht die Erfahrungen im Leben machen zu müssen, die ich gemacht habe. Ich will, dass sie sicher nach Hause kommen, dass sie nicht gemobbt werden. Wie kriegt man das hin? Indem man ihnen das vermittelt, was mir geholfen hat. Respekt, Disziplin, Aufmerksamkeit, Selbstvertrauen, eine gerade Körperhaltung, Blickkontakt, eine klare, ruhige Stimme, die aber dennoch nicht zu leise ist. Indem man aus kleinen Kindern früh große Persönlichkeiten macht.“

An sich glauben 

Mewis firmiert heute entsprechend unter „Believe Martial Arts“: „Glaub an dich selbst. Daher kommt der Name.“ An der Tür schon sagen die Kinder „Ich glaube an mich“ als Begrüßung und als Verabschiedung später nochmal. Zwischendurch lobt Mewis seine Schülerinnen und Schüler: „Ich glaub an dich!“ In kurzen Mattengesprächen geht es immer wieder um zentrale Lebenskompetenzen, die kindgerecht vermittelt werden. Dann sind aber auch schon alle wieder in Bewegung: Mewis mischt Elemente aus den drei Sportarten, in denen er Weltmeister ist, und aus den vier weiteren Disziplinen, in denen er gekämpft hat, individuell und leistungsangepasst zu einem Stil, den es sonst nicht gibt.

Entwicklung begleitet 

Werden kleine Kinder damit so einfach zu großen Persönlichkeiten? Vier bis fünf Jahre als sind die jüngsten Schülerinnen und Schüler. Manche bleiben erstaunliche zehn oder fünfzehn Jahre lang, wechseln zwischendurch in die Kurse für Schulkinder (sechs bis neun Jahre, dann zehn bis zwölf) beziehungsweise in die Teenager- und Erwachsenengruppen. Und viele ehemalige Schüler sind heute Rechtsanwälte oder Ärzte oder Schauspieler und führen generell ein glückliches Leben.

Immer noch an der Charlottenburger Spree 

In den Räumen, in denen André Mewis vor 20 Jahren an der Charlottenburger Spree zum ersten Mal Kampfsportunterricht angeboten hat, ist er heute immer noch – als Mieter der GSG Berlin. „Wenn ich nach dem letzten Kurs auf der Matte meditiere nach den Hunderten Kindern und Eltern, die den ganzen Tag über alle was von mir wollten, wenn ich da im indirekten Abendlicht hocke, das durch die großen Fenster in den loftartigen Raum mit seinen hohen Decken fällt, dann hole ich mir da eine Ruhe, die Gold wert ist. Diese romantische, absolute Stille, wenn kein Betrieb mehr hier auf dem Hof ist. Das bewirkt die Lage im Innenhof, mitten in der Stadt.“

Gefühl hält 20 Jahre 

Jeder spüre diese besondere Atmosphäre: „Sogar ich sage nach 20 Jahren immer noch jedes Mal, wow, ist das schön hier.“ André Mewis hat noch einen anderen Standort in der Bismarckstraße: „Da bekomme ich das Gefühl und auch das Feedback nicht.“ Ein Vorteil hier sei außerdem, dass es ein tolles Café Einstein auf dem Hof gibt. „Die Mitarbeiterin dort kenne ich 20 Jahre, sie weiß, was ich bestellen will, ich muss es gar nicht sagen.“

Die GSG Berlin als Partner 

„Und ich schätze die GSG Berlin als starken Partner. Sie erkennt den Wert in dem, was wir hier für die Gesellschaft machen, und hat den Mietvertrag immer wieder verlängert. Ich mache das hier ja nicht für mich. Wie gesagt, als mein Vater starb, habe ich mich gefragt, wofür ich lebe. Ich lebe, um anderen Menschen zu helfen. Aber ganz alleine geht das ja bekanntlich nie.“

Fotos: Oliver Wenzlaff

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